Reisebericht

Tagesbericht vom 01.10.2010

Ich fühle mich besser. Nicht dank chinesischer Medizin. Ich vertraute mehr auf westliche, und die scheint zu helfen.
Heute ist ein besonderer Tag für meinen Bruder und auch für die Chinesen. Jeweils am 1. Oktober beginnen die „National Day Holiday“, eine Woche staatlich angeordnete Ferien. Wer verreisen kann, verreist. Es ist schulfrei, kleine Geschäfte sind geschlossen, Betriebe haben Betriebsferien, die Sehenswürdigkeiten sind von Touristen überlaufen, die Hotels dementsprechend ausgebucht, so erklärt uns Susanna. Wir lassen uns überraschen.
Im Lonely Planet lese ich unter „Yangshuo“, die Stadt, zu der wir heute gelangen möchten, und in der wir laut Reiseplanung morgen den ganzen Tag verbringen werden, folgendes: „... Yangshuo is extremely touristy ...“ .. Das kann ja heiter werden.
Natürlich darf Bobo Sir James über eine viel bessere Strasse steuern als ich gestern. Aber schon erwischt es auch ihn. Kurz nach Wuzhou lässt der Strassenbelag Sir James nur noch mit 20 Kilometern die Stunde voranschleichen. Auch dieser Zustand wird sich wieder ändern. Die Frage ist nur, nach wie vielen Kilometern ... Die gemächliche Fahrt unterbrechen wir, um am Strassenrand eine Wassermelone zu kaufen

oder ganz einfach, um im Bild einen Eindruck der Gegend festzuhalten.

Der Fahruntergrund wird zunehmend besser. Trotzdem kommt Sir James nicht viel schneller voran. Die Strasse ist kurvenreich, ein rauf und runter durch eine fast menschenleere (eine Seltenheit für das südliche China), mit Bäumen und Sträuchern aller Art bewachsene Hügellandschaft.

Wie immer ab 16:00 Uhr halten wir Ausschau für einen geeigneten Standplatz für die Nacht. Yangshuo haben wir nicht erreicht. Es ist wie verhext: die Siedlungsdichte nimmt zu. Jede noch so schmale Seitenstrasse führt zu einem Betrieb oder zu einem Wohnhaus. Nicht verzagen, Liseli fragen. In einiger Entfernung mache ich ein Schulhaus aus. Vielleicht können wir dort übernachten. Die Schulen sind ja wegen den Ferien geschlossen. Susanne fragt den Wächter um Erlaubnis, Sir James vor der Schule auf einem kleinen Vorplatz zu parken. Der Mann ruft den Schuldirektor an. „Ja“ lautet dessen Antwort. Nun bittet uns der Wachmann, doch im Schulhof zu übernachten. Uns ist das nicht geheuer. Was, wenn das Eingangsgitter am Morgen geschlossen ist und niemand da ist, um es zu öffnen? - Die Spaghetti schmecken ausgezeichnet. - Der Wachmann bittet Susanna um ihren Namen und Sir James provisorische Zulassungsnummer. Warum wohl? Es geht nicht lange, und schon bekommen wir Besuch von der Polizei. Die Männer überprüfen kurz unseren Status. Sie sprechen mit Susanna. Sie sind zufrieden, und fahren wieder weg. Sie überlassen Susanna noch ihre Telefonnummer, falls wir Probleme hätten ... Dies alles geschieht an Position Nord 24° 5' 11.8'' und Ost 110° 36' 31.4''. Nun hoffe ich nur, dass die Musik, welche das Ende einer Unterrichtsstunde ankündigt, nicht während der ganzen Nacht erklingt.

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