Reisebericht

Tagesbericht vom 31.07.2004

Zwei halbweiche Eier, Kaffee und ab geht die Post. Geteerte Strasse gibt es nicht mehr, nur noch Holperpiste, das heisst, Gravelroad. Mal kann Bobo schneller fahren, dann wieder ist der Stein-Sand-Belag wellblechartig. Ein solcher Untergrund schüttelt Sir James mit seinem Gewicht auch bei langsamster Fahrt durch und durch. Uns geht es durch Mark und Bein. Wir schalten einen Halt ein. Wir wechseln zwei Räder mit den Ersatzrädern aus. Dies, damit alle Reifen gleich abgefahren sind. (Zwei der Räder haben wir noch in der Garage in Tschita auswechseln lassen.) Ein einsamer Reiter kommt daher und fragt uns nach Zigaretten. Aber wir rauchen doch seit Jahren nicht mehr. Das kann der Mann natürlich nicht wissen.
Sir James holpert weiter. Die Landschaft ist wunderschön. Wir fühlen uns wirklich wie auf den Höhen der Welt (top of the world).

Um die Mittagszeit treffen wir in Tschernischwesk ein. Ein Dorf, mit vielen Holzhäusern und, man höre und staune, einigen russischen Wohnblocks. Ob die wohl für die Bauarbeiter der Strasse und deren Familien dienen? Wir tanken Sir James nochmals mit Diesel voll. Es haben nur fünfzig Liter Platz. Aber wir haben keine Ahnung, wie dicht das Tankstellennetz für die nächsten paar hundert Kilometer sein wird. Sicher ist sicher.
Und sie geht tatsächlich weiter – die Gravelroad. Und wie sie weiter geht. Hier wurde die Strasse neu gebaut, breit, fast übertrieben breit. Riesige Erdmassen wurden und werden immer noch für den Strassenbau bewegt. Unzählige Brücken sind schon fertig. An vielen Stellen begrenzen Leitplanken die Strasse. Teilweise scheint die Beschilderung schon definitiv zu sein. Manchmal können wir uns wegen den verschiedenen Strassentafeln ein Schmunzeln nicht verkneifen. Irgendwo steht eine Brücke ganz verloren in der Landschaft. Die Bauherren haben den Verlauf der neuen Strasse anders realisiert als ursprünglich geplant.

Immer noch kommen uns zahlreiche rechtsgesteuerte Autos in allen Varianten entgegen. PWs, kleine Laster mit PWs aufgeladen und sogar linksgesteuerte koreanische Busse! Anscheinend werden all diese Autos tatsächlich aus dem asiatischen Raum nach Wladiwostok gebracht und von dort von Einzelpersonen irgendwohin nach Russland gefahren. Dies bestätigt uns auch ein Russe, dem wir mit unserem Kompressor helfen, seinen Reifen aufzupumpen. Er berichtet uns, dass später die Strasse sehr, sehr schlecht werde. Aber all die Autodealer haben die Strecke geschafft. Dann werden wir es mit Sir James wohl auch überstehen.

Vor lauter Baustellen und Leitplanken scheint es fast unmöglich, die Strasse zu verlassen um an einem Plätzchen zu übernachte. Endlich, nach anderthalb Stunden Suche finden wir auf einem verlassenen Werkhof an Position Nord 53° 6' 12.2“ und Ost 118° 20' 52.4“ eine geeignete Stelle. Zwar ist die Umgebung nicht besonders reizvoll. Dafür gibt es trockene Holzscheiter, was für uns gleich bedeutend ist wie – endlich wieder einmal ein Stück Fleisch vom Grill!

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