Reisebericht

Tagesbericht vom 02.08.2004

Ich habe gestern Abend Bobo noch gefragt, ob er im Bericht die Suche nach unserem Schlafplatz und dessen Umgebung beschrieben habe. Habe er nicht, antwortete er, man könne auch nicht immer das Gleiche schreiben. Daher ist es wieder an mir, etwas weiter auszuholen und auch noch von gestern zu schreiben. Wir verlassen nämlich mit Sir James unseren Schlafplatz fluchtartig um 02:00 Uhr in der Nacht. Warum? Das kam so. Auch gestern suchten wir etwa ab 18:00 Uhr ein geeignetes Plätzchen für Sir James und uns für die Nacht. Doch wie bereits beschrieben, wegen der endlosen Baustelle, wurden wir erst gegen 22:00 Uhr fündig: Auf einem Platz nahe der Strasse und unweit der Baustelle; ein Platz auf welchem grosse Steine vom Strassenbau abgelagert worden waren. Sir James konnte diesen Standort nur dank Kriechgang erreichen. Wir fühlten uns sicher. Den Bagger von der nahen Baustelle hörten wir auch um Mitternacht noch. Doch nachts um 01:30 Uhr schreckten wir auf. Ein riesiger Baulaster lud direkt neben uns eine volle Ladung dieser grossen Steinbrocken ab. Das wurde uns zu gefährlich. Was, wenn der Chauffeur uns in der Dunkelheit übersah? Oder wenn er uns mit seinen Ladungen den Weg zurück auf die Strasse versperrte. In zehn Minuten waren wir abfahrtbereit und machten uns auf den Weg. Aber wohin sollten wir jetzt mitten in der Nacht hin?
Da Mitternacht vorbei ist, ist es Bobos Fahrtag. Schnell kommen wir nicht voran. Die zahlreichen Baustellen und der Baustellenverkehr erschweren die Nachtfahrt zusätzlich. Immer noch kommen uns eingepackte Autos der Autodealer entgegen. Solange uns diese Autos entgegenkommen, wissen wir auch, dass wir auf dem richtigen Weg sind. – Doch wo sollen wir jetzt durchfahren? Links oder rechts? Beide Wege sind gleich breit, zeigen die gleiche Art von Spuren. Irgendwelche Hinweistafeln fehlen. Wir warten auf entgegenkommende Autos. Vergeblich. Wahrscheinlich haben wir uns irgendwo verfahren. Unterdessen ist es 04:00 Uhr in der Frühe. Wir legen uns an der Weggabelung, ohne das Dach aufzustellen, in den Kleidern in Sir James schlafen. Auch dafür ist er eingerichtet. Bei Tageslicht werden wir den richtigen Weg schon finden. Um 07:30 Uhr wachen wir auf. Da kommen uns die verpackten Autos entgegen. Jetzt wissen wir, welche Strasse wir nehmen müssen und die Autodealers auch. Denn ihnen geht es an dieser Verzweigung nicht besser als uns. Einige von ihnen fragen uns nach dem richtigen Weg.
Sonst verläuft die Fahrt ähnlich wie gestern. Nichts Neues. Viele Baustellen, viele Umleitungen. Vor allem die Brücken und im speziellen diejenigen über die Transsib scheinen noch nicht fertig zu sein.

Zwischen Mogotscha und Skovorodino fahren wir durch die kälteste Gegend, welche die Transsib auf ihrer langen Fahrt erreicht. Diese Gegend liegt nahe dem Kältepol der Erde. Wir scheinen Glück zu haben: Die Sonne scheint. Es ist 18 Grad Celsius warm.

Bei einer Schinomontage wird Sir James Rad geflickt. Die angegliederte Tankstelle verfügt heute weder über Diesel noch Benzin. Sir James stört das nicht weiter. Er hat noch genügend Vorrat. Die beiden Tanks fassen 240 Liter und reichen vollgetankt 1500 Kilometer weit.

Rechtzeitig schauen wir uns nach dem heutigen Rastplatz um. Um 19:00 Uhr hält Bobo Sir James vor (wohlgemerkt ‚vor') einer Baustelle an einem kleinen Fluss an (Position Nord 53° 58' 50.6“ und Ost 124° 12' 59.7“). Vom Schlafplatz können wir den vorbeifahrenden Verkehr beobachten. Wir hoffen, dass kein Autofahrer von der provisorischen Brücke fällt, wenn er, anstatt auf die Strasse zu schauen, unserem Sir James mit aufgestellten Dach nachschaut. In diesem Sinne hoffen wir auf eine ungestörte Nachtruhe.

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