Reisebericht

Tagesbericht vom 06.08.2004

Wir haben gut geschlafen – immer von vorbeiratterndem Zug zu vorbeiquietschendem Zug. Die Mücken scheint dieser Lärm nicht zu stören.
Nur noch wenige Kilometer bis Khabarovsk. Das sollten wir heute noch schaffen. Allerdings wissen wir nicht, wie wir vor Khabarovsk den Fluss Amur überqueren können. Auf unserem Kartenmaterial hört die Strasse vor dem Fluss auf und beginnt auf der anderen Seite des Wassers wieder. Nur die Eisenbahn hat eine Brücke. Ob wir die Fähre nehmen müssen? Bei Kilometer 2137 des ‚Amur-Highway' kurz vor Khabarovsk hat Sir James trotz geteerter Strasse einen Platten. Das bringt uns nicht weiter aus der Ruhe. Das Rad ist schnell gewechselt. Um die Mittagszeit kennen wir die Lösung des Rätsels der Flussüberquerung. Die Autobrücke liegt direkt über der Zugbrücke. Und gleich am Brückenkopf können wir den Meilenstein des Amur-Highways von Khabarovsk fotografieren. Den entsprechenden Punkt haben wir bereits in Tschita geknipst. Ein grosses Plakat zeigt die Route und die Entstehungsgeschichte dieser immensen Strasse. Wir in Europa hören immer nur, welch gewaltige Leistung es war, den Alaska Highway zu bauen. Aber jetzt müssen wir sagen, den Amur Highway zu realisieren ist mindestens so bewundernswert. Er führt durch unwegsames Gebiet und riesige Sumpfgebiete. Zudem sind auch hier die klimatischen Bedingungen schwierig: eisige Kälte im Winter, teilweise grosse Hitze im Sommer, zudem Wind, Mücken und Fliegen. Uns geht es besser als den zahlreichen Bauarbeitern. Erstens sind wir freiwillig unterwegs und zweitens leisten wir uns hie und da einen Hotelaufenthalt. Im renovierten Intourist Hotel steigen wir in Khabarovsk ab. Das Zimmer verfügt über Aircondition, was wir bei diesem schwülwarmen Wetter schätzen und das Badezimmer lässt sich sehen. Und jetzt kommt das Grösste: Im Souvenirshop eines Museums finden wir einen Kleber für Sir James. In kyrillischer Schrift steht neben dem Wappen von Khabarovsk: „Russia – Khabarovsk“. Wir und Sir James sind mächtig stolz.
Beim Markt werden wir zum ersten Mal in Russland von herumlungernden Kindern belästigt. Wir begeben uns zur Markthalle, doch wir haben ein schlechtes Gefühl und kehren zu Sir James zurück. Und siehe da, bereits ist ein Knabe auf Sir James gestiegen und macht sich an einer der Dachkisten zu schaffen – und dies vor den Augen der Polizei. Wir können ausnahmsweise Sir James auf einem bewachten Parkplatz, für den es eigentlich eine spezielle Bewilligung braucht, parken. So können wir doch noch in Ruhe einkaufen: Fleisch, Tomaten, Gurken, Getränke, und sehr wichtig, Mückenspray und eine Sonnenbrille für mich. Zurück beim Hotel werden wir von einem jungen Mann angesprochen. Er erklärt uns in gebrochenem Englisch, er sei Mitglied des Off Road Club von Khabaraovsk. Er hole uns um 19:00 Uhr im Hotel ab, damit er, wir, Sir James beim Klub vorzeigen könnten. Wir sind einverstanden, zweifeln aber etwas, ob er auch wirklich kommen wird. Aber er kommt. Er führt uns auf ein Gelände mit einer grossen Halle. Und dort stehen sie, ihre Off Road Mobile. An vielen wird herumgewerkt. Sir James wird von allen Seiten bestaunt und gelobt. Und nun sind auch wir Mitglieder des 4x4 Off Road Clubs von Khabarovsk. Zum Beweis erhalten wir einen Sticker (!) für Sir James und je ein T-Shirt und eine Mütze des Vereins. Zum Abschluss führen sie uns noch in eine Schinomontage, wo unser defekter Reifen, wieder einmal gratis, repariert wird.

Zum Ausklang dieses ereignisreichen Tages gehen wir in ein japanisches Restaurant Sushi essen. Hm, das schmeckt!
Übrigens: Die Gegend, in der wir jetzt sind, zählt nicht mehr zu Sibirien sondern nennt sich ‚Russian Far East'. Khabarowsk seinerseits wird als San Francisco des Far East bezeichnet, weil es auf verschiedenen Hügeln gebaut ist. Das Zentrum dieser Stadt ist grosszügig angelegt, die Gebäude sind frisch renoviert. Die Hauptstrasse muss den Vergleich mit San Francisco wirklich nicht scheuen. Und rund um die Hauptstrasse wird fleissig gebaut und renoviert.

Ein ereignisreicher Tag geht zu Ende. Wieder einmal schreibe ich bis spät in die Nacht. Aber jetzt ist genug erzählt. Morgen kommen bestimmt neue Ereignisse dazu.

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