Reisebericht

Tagesbericht vom 03.09.2004

Der Morgen fängt mit der liegengebliebenen Arbeit von gestern Abend an: Vierundsechzig Fotos vom Tag müssen angeschrieben werden. Ja, so viel Mal haben wir gestern geknipst. Ohne Digitalkamera wäre es fast nicht machbar, unsere vielen Eindrücke im Bild festzuhalten.
Der Wettergott meint es heute gut mit uns. Der Himmel ist blau und die Sonne scheint. Auf unserer Fahrt Richtung Ak-Dovurak geniessen wir eine prächtige Fernsicht bis in die schneebedeckten Berge des Altai Gebirges. Die Landschaft ist faszinierend. Steppe erstreckt sich kilometerweit über hügeliges Gelände. Hie und da erheben sich Berge, fast wie aus dem Nichts. In Tschadan suchen wir die Überbleibsel des Ustuu Khuree Tempels. Er ist im Wald zu gut versteckt – wir finden ihn nicht. Dafür feiern wir mit Lachsbrot den 130'000-sten Kilometer von Sir James. Alle, die je eine ähnliche Reise wie wir gemacht haben, verstehen, warum es uns sehr wichtig ist, dass sich auch Sir James gut mit uns versteht. Daher feiern wir seine Geburtstage immer gebührlich. Auch die Polizei ist uns gut gesinnt. Zwar kontrolliert sie unsere Papiere und hält alle Angaben handschriftlich im Buch fest, aber sie verzögert unsere Fahrt nur unwesentlich. In Kusul Maschalik erwischen wir die Polizei. Bevor sie uns etwas fragen kann, erkundigen wir uns bei ihnen nach dem Weg zum Dschingis Khan Stein (ein steinernes Idol für die Schamanen). Hier erreichen wir auch den südlichsten Punkt (nahe der mongolischen Grenze) unserer kleinen Rundreise Abakan – Kusul – Ak-Dovurak – Abakan. Acht Kilometer abseits der Hauptstrasse stossen wir auf das kleine steinerne Antlitz von Dschingis Khan.

Viel grösser, ja gewaltig gross ist die wenige Kilometer nebenan, in Ak-Dovurak liegende, anscheinend weltgrösste im Tagbau bearbeitete Asbestmine.

Die Natur in dieser Gegend ist beeindruckend. Wir kommen aus dem Staunen kaum heraus. Das Leben der Menschen ist einfach. Zum Teil wohnen sie in kleinen Dörfern, verstreut erkennen wir auch Jurten, die Rundzelte der Nomaden.

An Position Nord 51° 19' 45.1“ und Ost 90° 33' 28.7“ finden wir an einem Fluss in idyllischer Umgebung unseren Platz zum Übernachten. Während Liseli den Tagesbericht schreibt, koche ich das Nachtessen. Ganz so friedlich scheint das gefundene Plätzchen jedoch nicht zu sein. Auf der andern Seite des Flusses sind drei Fischer auszumachen. Plötzlich erscheint ein Auto ohne Nummer auf unserem Platz mit drei Insassen. Der eine kommt auf uns zu und weist sich als Polizist aus. Endlich haben wir es geschafft: nicht wir müssen unsere Papiere der Polizei zeigen, sondern die Polizei zeigt ihre Papiere uns. Auch sie scheinen zu fischen gehen. Doch sie fangen nichts.
Ein weiteres Auto mit einer Familie erscheint auf unserem Platz. Nach einem kurzen Gespräch mit den Polizisten fahren sie aber wieder davon. Wir essen unser Spaghetti Bolognese, trinken etwas Roten dazu. Die Sonne ist längst untergegangen, als einer der drei Polizisten wieder zu uns kommt. Mit viel Gebärden und sprachlicher Untermalung in russisch, will er uns etwas zu verstehen geben. Wir verstehen nur soviel: hier ist es gefährlich, hier wird geschossen, wir sollen doch weiterziehen nach Abakan. Da wir nicht unbedingt mit einem gejagten Tier verwechselt werden wollen, packen wir unser Sachen und ziehen weiter. Bei Nacht und ohne Nebel landen wir ein bisschen nördlicher an Position Nord 51° 23' 55.1“ und Ost 90° 26' 44.3“. Neben uns rauscht der Bach. Mehr können wir zur Zeit nicht ausmachen.

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