Reisebericht

Tagesbericht vom 11.04.2002

Armes Liseli, sie musste gestern feststellen, dass alle Zeitumstellung an der Uhr nutzlos waren: am Sonntag hat Namibia scheinbar auf Winterzeit umgestellt, so dass wir immer eine Stunde zu früh aufgestanden sind. Die Winterzeit in Namibia entspricht der Winterzeit in der Schweiz und da ich meine Uhr nie umgestellt habe, stimmt sie jetzt!
Wir sind bereits 1 ½ Stunden unterwegs und es ist erst 09:30 Uhr. Langsam aber sicher fahren wir gegen Windhoek, um Sir James aufzufüllen, denn wir haben vor, anschliessend über Botswana an die Victoriafälle zu gelangen. Da Botswana noch weniger bevölkert ist als Namibia, muss die Trink- und Essensversorgung sichergestellt werden. Der hintere linke Pneu von Sir James hat kein Profil mehr (er ist arschglatt, sein Pendant haben wir bereits in Durban ausgewechselt, da die Karkasse gerissen war) und muss dringend ausgewechselt werden, da im Sand der Kalahariwüste etwas mehr Antrieb gefordert wird, als auf der momentanen Teerstrasse nach Windhoek.
Martin Spichiger hat sich gewundert, wieso wir so viele Pneuwechsel haben. Hier deshalb eine kleine Erklärung: Die erste Panne erfolgte in Mauretanien, als ich in eine Nagelsperre gefahren bin. Mit der Reparatur dieses ersten Pneu beginnt auch die Leidensgeschichte: Der Pneu wird jeweils von den Einheimischen auf dem Naturboden geflickt. Zwischen dem Schlauch und dem Pneu hat es deshalb Sand, der wie Schmirgelpapier wirkt. Nach ein paar Kilometern ist der Schlauch wiederum gelocht und muss geflickt oder ausgewechselt werden. In den Westafrikanischen Ländern sind wir über Steine und Felsen gefahren. Die Steinspitzen haben sich teilweise tief in den Pneu gebohrt, so dass ganze Gummistücke herausgestochen wurden. Die Werkstätten in diesen Ländern verfügen über keine Maschinen, um das Rad dynamisch auszuwuchten (erst in Durban haben wir nach längerem Suchen eine Werkstatt gefunden, die das für unsere Sprengringfelgen konnte). Nach jedem Pneuflicken, schlingert das geflickte Rad deshalb ein bisschen mehr. Die Pneus sind darum sehr ungleichmässig abgefahren. Dazu kommt, dass Sir James immer etwas an Übergewicht leidet (voll aufgefüllt ist er bis zu 3.5 Tonnen schwer) und das immer dann, wenn es über holperige Strassen geht, da der Pistenzustand meistens umgekehrt proportional zum Versorgungsgrad in der Umgebung ist. Trotz Wellblech und Löchern fahren wir - damit wir zügig vorwärts kommen - zu schnell (aber immer noch langsamer als die meisten Einheimischen) und das bei Temperaturen von bis zu 40° Celsius. Die Pneus werden sehr heiss. Der Luftdruck müsste den unterschiedlichen Strassenbedingungen laufend angepasst werden. Aber diese Mühe ersparen wir uns, obwohl wir einen Kompressor mitführen.
21 km vor Windhoek. Eine Polizeikontrolle, der Polizist beanstandet das vordere Nummerschild: „not allowed, too small“. Er hat gar nicht gemerkt, dass es ein Schweizer Nummernschild ist und entschuldigt sich fast für die Unannehmlichkeit, die er uns zugemutet hat.
Wir suchen ein Pneuhaus in Windhoek, welches uns Michelin Reifen verkaufen kann. Bereits beim zweiten Anlauf gelingt uns das und in Blitzesschnelle werden Sir James neue Schuhe verpasst. Jetzt können wir uns nach Botswana auf die Piste wagen, ohne dauernd an die Pneus denken zu müssen.
Leider ist das schöne Golf and Country Hotel in Windhoek ausgebucht. Ausgerechnet die Cricet-Spieler haben das Hotel belegt. Anscheinend findet eine Meisterschaft statt. So müssen wir uns mit dem zweitbesten Hotel am Platz zufrieden geben: Hotel Safari. Erstaunlicherweise sind die Hotelpreise in Windhoek tiefer als sonst in Namibia: nicht mal 100.- CHF zahlen wir für das Zimmer. Unserer Wäsche ist es zum Glück gleich, in welchem Hotel sie gewaschen wird.

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