Reisebericht

Tagesbericht vom 08.05.2002

Aus dem 17-ten Stock des Taj Mahal Hotels haben wir eine herrliche Aussicht auf Bombay oder Mumbai, wie es jetzt heisst. Auf den Hafen, der uns zu Füssen liegt, mit den vielen bunten Schiffen. Den Kuppeltürmen, die Menschen... Ja, wir fühlen uns im fernen Osten.

In den Strassen ist es warm. Die Luftfeuchtigkeit ist sehr hoch aber erträglich. Die Stadt erinnert uns wieder mehr an die grösseren Städte in Westafrika. Allerdings gibt es hier viel mehr grosse, alte, gemauerte, Gebäude, die Strassen sind geteert und die Kanalisation ist nicht offen. Der Verkehr ist chaotisch und laut. Die Fussgänger sind Jagdwild; das Überqueren der grösseren Strassen wird zum Schicksal – wehe dem, der nicht schnell genug ist! Es gibt viele Menschen, aber doch herrscht kein so grosses Gedränge wie wir es in den Suks von Westafrika oder in den Strassen von Bamako (Mali) erlebt haben. Es gibt viele Bettler, aber auch an diese haben wir uns inzwischen gewöhnt. Zudem sind diese nur an den von Touristen viel besuchten Orten anzutreffen, ansonsten bleiben wir unbehelligt.
Zuerst suchen wir einen sogenannten Supermarkt auf. Hier kann man fast alles kaufen, damit man nicht verhungern muss (allerdings kein Fleisch und nicht wie in Südafrika, sondern eher im Stil, wie wir es uns von Westafrika her gewohnt sind). Die Kauflust bleibt daher im Rahmen: Coca Cola und Cashewnüsse für den Apéro im Hause Taj Mahal.

Frisch gestärkt wursteln wir uns ein 2-tes mal zu Fuss durch die Strassen von Mumbai. Wir suchen immer noch eine gute Strassenkarte über Indien. Aber das ist schwierig, wahrscheinlich müssen wir Karten über die einzelnen Provinzen kaufen: aber über welche? Alle? Zum Glück erhalten wir im Hotel jeden Morgen die Lokalzeitungen. Wenn ich ‚The Times of India' lese, dann brauchen wir die Karten über Gujarat, Rajasthan, Punjab, Jammu und Kashmir nicht zu kaufen, obwohl an der Front zu Pakistan momentan nicht viel passiert: ein paar kleine Schiessereien, wenige Raubüberfälle, hie und da platzt eine Bombe, .... Das ist eigentlich schade, da doch in Srinagar (Kashmir) die schönsten Golfplätze sein sollen. Aber zum Glück gibt es dort nur auf der Pakistanischen Seite 5 Sehenswürdigkeiten, die von der UNESCO ihren Segen bekamen. Aber wer will schon nach Pakistan?
Als Zuständige für die Kommunikation habe ich mir vier Ausdrücke auf Hindi auf einen Zettel notiert (somit jederzeit abrufbar): ‚nein, danke – ja – guten Tag/auf Wiedersehen. Da kommt schon wieder der gleiche Teppichladenbesitzer auf uns zu, wie schon vor 2 Stunden. Er meint, wir müssten wirklich nichts kaufen, nur einmal schauen. Da ich natürlich wegen meines fortgeschrittenen Alters die gelernten Hindi-Ausdrücke schon wieder vergessen habe, zücke ich meinen Spickzettel und sage: „Ji nahi, shukriya“, was eben heisst: ‚nein, danke'. Der Mann schaut uns ganz verdutzt an, greift sich mit der Hand ungläubig an den Kopf, lacht und wendet sich ab. Fremdsprachenkenntnisse scheinen wirklich Wunder zu wirken!
Wir werden auf der Strasse von einem älteren Mann angesprochen Er gibt vor, Rechtsprofessor zu sein. Über die Schweiz scheint er gut orientiert zu sein. Er nennt uns die verschiedenen Regionen und die vier Landessprachen, kennt auch Toblerone und the ‚Swiss Bancs“. Wir erzählen ihm von unserer Reise und er meint, Sir James werde nie am 13. Mai ankommen, eher erst am 13. Juni, oder noch später, so sei das in Indien und will uns zu einem Bier in irgend ein Lokal überschwatzen. Mir ist das Ganze nicht sehr geheuer und wir lehnen dankend ab. Vielleicht tun wir diesem Inder unrecht. Aber lieber einmal zu vorsichtig als ...
Aus Rücksicht auf die vielen bettelnden Inder, wollen wir nicht näher auf den heutigen Abend eingehen. Nur soviel: wir essen im Hotel sehr gut. Jetzt sind wir voll und müde und gehen schlafen.

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