Tagesbericht vom 21.07.2010
In der Nacht besucht uns eine Pferdeherde. Wir bemerken die Tiere nur an ihrem Schnauben, erspähen können wir sie lediglich als dunkle, undefinierbare Flecken. Als wir aufstehen, sind sie wieder weg.
Bald haben wir ein Etappenziel unserer Reise erreicht. Noch sind es 250 Kilometer bis Ulaan Baatar, Seit Kara Korum fahren wir auf einer guten Teerstrasse. Ulaan Baatar ist nicht nur die Hauptstadt sondern auch sonst d i e Wirtschaftsmetropole der Mongolei, mit einem internationalen Flughafen. Sämtliche Waren - man stelle sich vor, von Eiern bis zu grossen Maschinen - werden von hier aus auf Lastwagen ins ganze Land gebracht. Dies zeigt sich auch daran, dass uns mehrere übervoll beladene Trucks entgegen kommen. Dabei darf man nicht vergessen, dass diese Trucks die gleichen zum Teil sehr schlechten Pisten befahren müssen, wie wir sie erlebt haben.
Im Grossen und Ganzen wird das Warenangebot in der Mongolei davon bestimmt, was aus Ulaan Baatar angeliefert wird. Das erklärt, weshalb die Geschäfte in den Städten und Dörfern Gemischtwarenläden sind. Einmal gibt es etwas Bestimmtes, später wieder nicht. Wie wir erfahren haben, gibt es ausschliesslich in Ulaan Baatar Hühnerfarmen. Hühner auf dem Land zu halten ist erstens für Nomaden, die oft ihren Standplatz wechseln, nicht geeignet. Zudem müssten die Hühner in den Wintermonaten, wenn alles steinbeinhart gefroren ist gefüttert werden. Dafür fehlt geeignetes Futter aus der Umgebung.
Eigentlich hatten wir zu Hause noch geplant im besten Hotel der Stadt, dem „Dschingis Khan“ uns von den Strapazen der Reise zu erholen. Von anderen Travellern haben wir in der Zwischenzeit erfahren, dass der Campingplatz 'Oasis', geführt von einem deutsch-österreichischen Ehepaar, absolute Spitze sei. Auf dem Camping werde alles angeboten, was sich ein von Entbehrungen gezeichneter Globetrotter wünsche: Duschkabinen, Waschmaschine, Coiffeur etc. etc. Überdies treffen sich dort die unterschiedlichsten Weltenbummler. Mal sehen: wir lassen uns überraschen und fahren erstmal dorthin.
Was habe ich da von „guter Teerstrasse“ erzählt. Kaum zu glauben, etwa 100 Kilometer vor Ulaan Baatar müssen wir für 35 Kilometer auf die Pisten ausweichen. Die frei laufenden Pferde stört das nicht weiter. Sie bleiben auf dem für den motorisierten Verkehr vorgesehenen Damm. Ob die Strasse repariert oder neu gebaut werden soll, bleibt uns verborgen. Gebaut wird zur Zeit nicht.
Als wir wieder auf dem Teerbelag rollen dürfen ist noch nicht alles überstanden. Die an sich gut geteerte Fahrbahn weist für den Fahrer kaum erkennbar in grösseren Abständen riesige Löcher auf. Diese Strecke mit hohem Tempo oder nachts zu befahren ist lebensgefährlich! Man sollte meinen, dass auf die Hauptstadt zu die Strasse besser wird. Das gilt nicht für die Mongolei, wie wir feststellen müssen.
Und nun wird von der Polizei, auch die scheint es in der Mongolei zu geben, der ganze Verkehr angehalten. Bald wird uns klar warum. Es wird Naadam gefeiert. Wir kommen in den Genuss eines Pferderennens über freies Feld von schätzungsweise 150 Teilnehmern, begleitet von zahlreichen Autos. Wie wir der Zeitung entnehmen, gehen solche Pferderennen über eine Strecke von 10 bis 26 Kilometern. Die 'Jokeys' sind zwischen sieben und dreizehn Jahre alt. Selbstverständlich können wir nicht erkennen, wer siegt. Für uns ist das auch nebensächlich. Das Erlebnis allein ist eindrücklich.
Gegen Abend treffen wir im Campground und Guesthouse „Oasis“ ein. Der Name ist berechtigt: eine Oase der Entspannung und Erneuerung, einzigartig in der Mongolei. Davon wird Bobo morgen mehr erzählen. Wir unterhalten uns mit verschiedenen Travellern, die wir teilweise schon von unterwegs kennen, essen im campeigenen Restaurant (Schnitzel und Pommes), genehmigen uns die längst überfällige Dusche und legen uns im Sir James schlafen.