Reisebericht

Tagesbericht vom 02.01.2015

Diese Zeilen schreibe ich, während wir in einer Kolonne von unendlich vielen Autos vor der Fähre, die uns über die Magellan Meeresstrasse bringen sollte, warten. Vor einigen Tagen, am 28. Dezember 2014, in entgegengesetzter Richtung, konnten wir noch direkt auf das Schiff fahren.
Weil der Grenzübertritt nach Chile bevorsteht, gibt es zum Frühstück ausnahmsweise für jeden von uns drei statt wie üblich, zwei Spiegeleier. Den Vakuum verpackten Rohschinken verstecke ich unter der Matratze; den Rahm lassen wir für die Zollbeamten absichtlich im Eisschrank.
Die Ausreise aus Argentinien geht problemlos über die Bühne. Aber die Einreise nach Chile in San Sebastian verläuft ebenfalls anders als 27. Dezember 2014 in Punta Delgada: Auf dem Formular kreuzen sowohl Bobo als auch ich an, wir hätten frische Lebensmittel an Bord, obwohl wir (fast) keine haben. Der kontrollierende Beamte schaut kurz im Innern von Limpi in zwei Schubladen. Er fragt uns nach frischen Lebensmittel. Wir bejahen, solche dabei zu haben und zeigen ihm den Rahm. Dieser interessiert ihn nicht weiter. Er ist zufrieden und lässt uns passieren!

Nun steht uns die gleiche Hotter-Schotterpiste bevor, die wir von den Hinreise schon kennen. Nach einer Stunde Holpern stellen wir fest, dass wir westwärts und nicht wie geplant nordwärts fahren. Ein Blick auf das Nüvi zeigt uns, dass die Strassenbezeichnung zwar stimmen würde, nur eben die Richtung nicht! Ich versuche Bobo dazu zu bewegen, Limpi zu wenden, wieder eine Stunde auf der Schotterstrasse zurückzufahren. Er meint, dann fahren wir eben nach Porvenir und nehmen dort die Fähre nach Punta Arenas. Okay. Wir sind doch flexibel! Kaum so entschieden kommt Freude auf: die Fahrunterlage ist frisch betoniert. Bobo braust mit 90 Kilometern pro Stunde voran! Der Spass nimmt nach dreissig Minuten abrupt ein Ende. Eine Naturstrasse hat uns wieder. Sie verläuft neben der Baustelle für die neue Strasse. Nach etlichen Kilometern kommen wir an eine Abzweigung. Wenn wir schon zwischen westwärts (nach Porvenir) und nordostwärts, nach Bahia Azul wählen können, dann wollen wir nach Bahia Azul. Dies auch dann, wenn wir nicht wissen, wo Bahia Azul liegt. Die allgemeine Richtung scheint jedenfalls zu stimmen. Und tatsächlich, um 15.00 Uhr ist Limpi das hinterste Auto in der Warteschlange für die Fähre. Nach dreissig Minuten Wartezeit können wir einige Meter vorrücken. Eine Tafel am Strassenrand besagt, dass es noch ein Kilometer bis zur Fähre ist!
Nun ist schon wieder eine Stunde vorbei und es tut sich gar nichts ... ausser dass die Lastwagen der ganzen Kolonne rechts und die Busse links vorfahren!! Die Rechnung ist einfach: Die Chilenen haben hier eine Fähre über die Magellanstrasse. Die Überfahrt dauert rund eine halbe Stunde. Bis die Fähre also auf unserer Seite wieder anlegt, vergeht mindestens eine Stunde.
Wenn es so weitergeht, wird Bobo den Bericht von morgen auch noch hier schreiben. Wir haben keine Ahnung, ob und wenn ja, wann, der Fährbetrieb in der Nacht eingestellt wird. Unterdessen ist es 18.00 Uhr. Wir warten also seit drei Stunden und es tut sich kaum etwas. Oder doch? Vor einer Stunde hat sich Bobo entschlossen, uns Toast mit dem geschmuggelten Rohschinken zu servieren. Dazu müssen wir zuerst das Hubdach etwas öffnen, sonst komme ich nicht an das begehrte, gut versteckte Objekt. Wie üblich muss Bobo das Toastbrot auch getoastet haben. Also begibt er sich in der stehenden Autokolonne im Limpi nach hinten und bereitet diese feine Zwischenmahlzeit zu!
Und siehe da: um 19.00 Uhr, nach vier Stunden Wartezeit (wir kommen uns vor wie die Reisenden in der Hochsaison am Gotthard) sind wir mit etwa fünfzig anderen Personenwagen auf der Fähre!

Und nach einer weiteren halben Stunde hat Limpi mit uns wieder Festland unter den Rädern. Im Eiltempo kommen wir zum Chilenisch/Argentinischen Grenzübergang „Paso Integracion Austral“. Auch hier gibt es wieder Warteschlangen. Wir kommen mit einem argentinischen Anwalt aus Rio Grande ins Gespräch. Stolz zeigt er uns seine Tätowierung am Oberarm: es sind die 'Islas Malvinas', die Falklandinseln!
Ohne weitere Probleme sind wir um 20.45 Uhr wieder in Argentinien. Seit unserem Grenzübertritt am gleichen Ort vor sechs Tagen, nur in anderer Richtung, haben unsere Pässe je acht Stempel mehr. Ein Hoch der Bürokratie!
Entgegen unserer ursprünglichen Absicht fahren wir wegen der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr nach Rio Gallegos. Dort wäre uns der Lebensmitteleinkauf im Carrefour wichtig gewesen. Vielmehr machen wir kurz nach dem Zoll einen kleinen Abstecher zum Provincial Park 'Laguna Azul'. Das ist da, wo sich Hase und Fuchs gute Nacht sagen. Und weil sie dabei an Limpi vorbeispazieren, wünschen auch wir ihnen einen schönen Abend.
Bobo kocht zu später Stunde noch Spaghetti an Tomatensauce und dann geht es in die Haia, an Position S 52° 04' 26.8" W 069° 34' 48.1". Es ist 21.30 Uhr und immer noch taghell. Man beachte auf der Foto den langen Schatten und im Himmel den Mond!

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