Tagesbericht vom 21.05.2002
(Fortsetzung Anmerkung: Bobo geht es etwas besser, wir nehmen den neuen Tag ohne genaue Programmvorstellung in Angriff.)
Unser lieber Agent ist natürlich telephonisch nicht erreichbar. Ist er bereits verschwunden? Das Büro scheint jedoch noch besetzt zu sein. In unserem Internetkaffee am Victoria Terminal erfahren wir, dass Sir James Schiff wirklich am Sonntag gelandet ist und heute wiederum abfahren soll. Der Container mit Sir James müsste demgemäss irgendwo im Hafen stehen.
Da wir bereits über 14 Tage in Indien sind und wir uns normalerweise nicht mehr als 14 Tage im gleichen Land aufhalten, ist es Zeit, sich über die Weiterreise zu kümmern. Zudem ‚stinkt's' uns im wahrsten Sinne des Wortes. Wir haben das Gefühl, dass alle unsere Kleider mit dem Geruch der Abfallberge getüncht sind. Zum guten Glück finden wir bei Maersksealand genügend Informationen: alle Tage fährt diese Schifffahrtslinie von Madras nach Singapore. Die Indian Airways fliegt dieselbe Strecke ebenfalls jeden Tag. Die Weiterreise sollte deshalb rascher funktionieren als die Herreise.
Wenn wir je weiterreisen werden... Nein, nicht wegen dem Durchfall von Bobo, der geht langsam vorbei; aber womit sollen wir weiterreisen, wenn wir Sir James nicht haben. Endlich erreichen wir gegen Abend unseren Agenten am Telefon. Er komme gerade zurück vom Zoll, sagt er. Morgen werde er wieder hinfahren (wohlgemerkt, das sind ca. zwei Stunden Hin- und zwei Stunden Rückfahrt), und alles erledigen. Übermorgen werden wir dann Sir James vielleicht holen gehen können. Wir verstehen das nicht ganz und insistieren. Der Agent redet irgend etwas von einem Stromausfall im Hafen, das sei ein grosses Problem. Da wir die ganzen Geschichten kaum glauben können und sowieso nichts besseres vorhaben, schlagen wir ihm vor, morgen mit ihm zusammen nach Nhava Sheva, dem Hafen, zu fahren. Er hat nichts dagegen – wir werden uns morgen um 10 Uhr bei ihm im Büro treffen.
Diese ewige Warterei ist wirklich unangenehm. Wenn wir die Zeit wenigsten sinnvoll nutzen könnten. Aber uns sind die Ideen ausgegangen. Schön wäre es, wenn wir Hindi verstehen würden, dann hätten wir bis Mitternacht und morgens ab etwa 7 Uhr beste Unterhaltung. Nein, nicht am Fernsehen, sondern durch unseren Zimmernachbarn. Er telefoniert fast ohne Pause den ganzen Tag und die halbe Nacht. Sein Redeschwall wird jeweils vom Klingeln eines seiner Telefone unterbrochen. Und dies geht jetzt schon den dritten Tag und so. Er muss ein wichtiger Politiker sein, oder sich zumindest für einen solchen halten. Aber eben, leider verstehen wir kein Hindi, sonst hätten wir wirklich Unterhaltung. Aber so zehrt das zusätzlich an unseren Nerven. Aber alles klagen nützt nichts, wir müssen uns in Geduld üben und warten ... und warten ... und warten ... und warten ... 14 Tage sind wir bereits in Mumbai und davor haben wir 5 Tage in Durban verbracht. Also, liebe Leser, lest jetzt einmal 19 Tage lang nur: ‚warten', dann wisst ihr, wie es uns geht. In Durban hatten wir noch geplant, auf den Malediven ein bisschen die Zeit zu vertreiben. Nachdem P&O uns jedoch mitteilte, der Container komme bereits nach 8 Tagen in Indien an, haben wir uns nach Mumbai beeilt. Wie haben wir an anderer Stelle bereits geschrieben: „...und zweitens kommt es anders, als man denkt.“ Nun, wir sind selbst gespannt, was noch alles anders kommt.