Tagesbericht vom 05.06.2002
Wir haben dank lärmender Klimaanlage und rotierendem Ventilator gut geschlafen (wenigstens haben wir nicht geschwitzt!). Wir sind nur aufgewacht, wenn es wegen den zahlreichen Stromunterbrüchen plötzlich ruhig wurde. Dann hörten wir nur noch das Pfeifen unseres Mückenvertreibers. Nun sind wir frisch geduscht. Vom warmen Wasser, das uns versprochen wurde, haben wir nichts gespürt. Das Badezimmer steht unter Wasser. War auch nicht anders zu erwarten, befindet sich die Dusche doch mitten im Raum.
Nun nehmen wir die Strecke nach Ranchi unter die Räder. Doch zuerst decken wir uns an einem Strassenstand noch mit kleinen Coca Cola, abgefüllt in Einwegflaschen, ein. Warum ich das erwähne? Weil wir bis anhin Cocis nur in Glasflaschen gefunden haben, die ausschliesslich mit Depot abgegeben werden.
Endlich kommen wir in eine etwas einsamere Gegend. Was das in Indien heisst? Es reiht sich nicht mehr Dorf an Dorf, Stadt an Stadt. Der Menschen- und Verkehrsstrom nimmt langsam ab. Die Gegend wird zunehmend grüner. Das Beige der öden, ausgedörrten Landschaft verschwindet langsam. Die wenigen Dörfer die wir durchfahren, kommen uns sauberer vor. Die Häuser einzelner Weiler haben rote Ziegeldächer. Sie sind nicht mit Wellblech, Stroh oder etwas Undefinierbarem gedeckt. Auch die Männermode hat sich geändert. Wir sehen viele Männer, die anstelle einer Hose ein Tuch um die Taille gewickelt tragen, wie ein Wickelrock, mal bodenlang, mal nur bis über die Knie. Ab und zu haben sie diese Tücher auch eigenartig geschlungen, so dass der Wickelrock eher aussieht wie eine Türkenhose (Stil Mahatma Gandhi). Die Inderinnen sind nach wie vor in ihre farbenprächtigen Saris gehüllt, auch jene, welche mit Strassenbau beschäftigt sind. Es gefällt uns richtig gut; zur Zeit lieben wir Indien wieder einmal.
All diese Eindrücke möchte ich, während Bobo fährt, mit unserer Digitalkamera festhalten. Aber habt Ihr schon einmal mit einer Digitalkamera aus dem fahrenden Auto fotografiert? Und dies aus dem Seitenfenster hinaus, ohne durch den Sucher zu schauen. Extra langsamer zu fahren, oder gar anzuhalten kommt nicht in Frage. Schliesslich sind wir nicht in den Ferien (laut Bobo)! Wo würde das hinführen, wenn bei jedem Fotomotiv ein Halt gemacht würde! Dann wären wir noch lange nicht an Position Nord 22° 47' 57.3“ und Ost 86° 10' 48.5“. Diese Position haben wir heute ohne Motorradfahrer in der Stadt gefunden. Wir haben zwar alle Motorradfahrer und Brillenträger (die müssen doch lesen können!) angehauen. Aber die Motorradfahrer wollten uns nicht vorausfahren und die Brillenträger liessen sich nicht einspannen. Hat ihnen der Fahrer von Sir James nicht gefallen? Die obige Position gehört übrigens zum Hotelparkplatz des Fortune Centre Point Hotels in Jamshedpur, wo die Tata Steel Company ihren Sitz hat. Das Hotel ist super und sogar günstig, aber leer, da die Japaner wegen dem Kaschmirkonflikt alle Buchungen annulliert haben. Die Hotelküche ist ausgezeichnet. Endlich können wir wiedereinmal international essen: Liseli verspeist eine Pizza und ich muss die Shrimps vertilgen, bevor sie alt werden. Da etwa sieben Arbeit suchende Kellner um unseren Tisch stehen, müssen wir aufpassen, dass uns das Essen nicht eingelöffelt wird. Mit dem Internet scheint es aber auch am Sitz der ‚Tata Telefon' nicht zu klappen. Wir brechen die Übung trotz Unterstützung durch den Hoteldirektor ab.
Da wir heute bereits um 13:00 Uhr in Ranchi waren, sind wir weiter nach Jamshedpur gefahren. Unterwegs sind wir noch auf ein weiteres Heiligtum gestossen. Gemäss Lonely Planet soll es sich um eine Kopie der Gedenkstätte in Puri handeln. Wir werden morgen in Puri ja sehen, ob das stimmt.