Reisebericht

Tagesbericht vom 22.07.2002

Keine Bären. Niemand hat sich in der Nacht gemeldet. Alles war und ist ruhig und still. Wir sind die Ersten, die Lärm machen. Auf allen anderen ‚Camping Sites' schlafen die Mieter immer noch. Wer's glaubt.

Jetzt sitzen wir wieder im Wald. Sind gut genährt. Die Hero Ravioli mussten herhalten. Die zweitletzte Büchse aus der Schweiz. Sir James hat kein Wasser mehr und es tröpfelt langsam in seinen Tank. Es tröpfelt im modernen Amerika so langsam wie im unterentwickelten Mauretanien. Dafür hat es hinten an Sir James ein modernes Weinfass, 5 Liter Plastiktank mit Schnellverschluss. Gut, dass das Wasser nur langsam tröpfelt. So bleibt uns wenigstens Zeit das Weintröpfeln zu geniessen. Ah, wir haben heute morgen – diesmal vor dem Einkauf - die Vorräte von Sir James einer genaueren Überprüfung unterzogen. Und was haben wir gefunden: eine Flasche mit Whisky. Natürlich nebst anderem. Aber, dass Sir James so still und heimlich eine Whiskyflasche aus Südafrika via Indien nach den USA geschmuggelt hat, hätten wir uns selber nicht gedacht. Armer Sir James. Aber jetzt ist sie in der Kühlbox, die Whiskyflasche und mundet an der Position Nord 39° 29' 53.50“ und West 123° 22' 2.20“ auf dem ‚Hidden Valley Campground' gar nicht schlecht. Zum Aperitif. Mit Oliven, gefüllt mit Sardellen. Die ersten richtigen Oliven, die wir in den USA gefunden haben. Mit Sardellen gefüllt! Fein. Dass das die Amerikaner nicht verstehen: wenig und gut ist besser als viel und schlecht! Aber eben, wenig Ravioli waren es auch nicht – die grosse Familienbüchse à 1,5 kg. – aber trotzdem gut. Ich habe auch ein paar erhalten! Der Rest ist irgendwie in einem anderen Bauch gelandet. Nein, nein nicht im Bauch der Nachbarin mit dem grossen ‚Recration Vehicle US Standart'. Sie hat uns zwar zwei Muffins aus ihrer Küche überbracht, aber jetzt sitzt sie vor dem Fernseher. Traurig darüber, dass sie mit mir – oder uns – nicht mehr plaudern kann, denn sie kommt von weit her – San Diego – und möchte so gern über ihre Erfahrungen in der grossen, weiten Welt sprechen. Denn schliesslich war sie auch vor drei oder vier Jahren in der Schweiz. Oder hat sie nur Lucerne gemeint. Denn in ‚Lucerne, the Switzerland in the USA' sind wir heute vorbeigefahren. Gleich nach ‚Lucerne' kommt ‚Nice' an der Goldküste von Kalifornien. Da sieht man wieder einmal, wie klein die Welt ist. Aber schön ist die Welt. Ich habe gar nicht gewusst, dass es in Kalifornien so viele Seen hat. Einer der Seen muss der Vierwaldstätter See sein. Wo sonst könnte Lucerne und Nice liegen! Kein Wunder, verwechseln die Amerikaner Switzerland immer mit Sweden oder New Zealand!
Unterdessen wäscht Liseli ab, so dass ich den Wein weiter geniessen kann, ohne Schreiben zu müssen. Gute Nacht. Dies sagen wir auch den vielen Mücken, die hier herumschwirren. Vielleicht lassen sie uns dann wenigstens in der Nacht in Ruhe.

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